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Sterben für Fortgeschrittene

Sterben will gelernt sein! Und in diesen einen entscheidenden Punkt hat der österreichische Autor Edi Keck absolut Recht, wenn er schreibt, dass wir alle Anfänger sind, was das Sterben betrifft.

In seinem erfrischenden und sehr informativen Buch "Sterben für Fortgeschrittene" beleuchtet er auf eine herrlich unverkrampfte Weise alles wissenswerte zum Thema Tod, Suizid, Sterbehilfe sowie die verschiedenen religiösen, kulturellen und humanistischen Aspekte. Endlich ein unbefangenes Plädoyer über das Grundrecht, selbstbestimmt und in Würde über das eigene Ableben frei und bewusst zu entscheiden.

Er thematisiert beispielsweise die unnötigen Schuldgefühle und die Folgen von jahrhunderteralter kirchlich-religiöser Indoktrination, die die Menschen in ihren Freitod-Entscheidungen noch immer stark beeinflussen können und wie wir bis zum Schluss unsere Autonomie durchsetzen sollten.

Der Autor holt die Diskussion über das bewusste Sterben ein ganzes Stück weit aus der Tabuzone heraus, was auch dringend notwendig ist. Auch zeigt er die gesellschaftliche Wahrnehmung und Verlogenheit beim Umgang mit dieser Thematik auf: Prominente Fußballer, um die plötzlich eine ganze Nation trauert, aber ein Obdachloser, der sich im Wald erhängt hat, spielt keine so große Rolle.

Bedenkt man, dass das laut WHO jährlich etwa eine Million Menschen weltweit durch Selbsttötung sterben und das es in Deutschland offiziell pro Jahr 10.000 Suizidfälle gibt – bei geschätzten 40.000 - 50.000 Selbsttötungsversuchen – hat dieses Thema eine viel größere Aufmerksamkeit verdient.

Wussten Sie, dass sich in Deutschland etwa 2 - 3 Menschen täglich vor einen Zug werfen? Dass in westeuropäischen Ländern bei Männern das Erhängen die häufigste Methode ist, in den USA dagegen das Erschießen, um sich das Leben zu nehmen? Dass Frauen eher eine Überdosis Tabletten schlucken oder sich aus dem Fenster stürzen? Dass die meisten Japaner kulturell einen eher rituellen Bezug zum Thema Tod haben und für einen Suizid der Ort dabei von ganz besonderer Bedeutung ist?

Noch viel wichtiger ist jedoch die Diskussion über die Ursachen, die für den Menschen einen Suizid attraktiv machen. Fast immer wird es im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung oder einer schweren Depression dargestellt. Und an dieser Stelle beginnt schon die (beabsichtigte) Stigmatisierung suizidaler Menschen: Erstens sind Gefühle von Verzweiflung und Ausweglosigkeit

Hier wird der leidende Mensch, der sein Leben beenden möchte, als ein psychisch Kranker oder sogar Verrückter abgestempelt, der nicht weiß was er tut, also muss er im schlimmsten Fall entmündigt und seiner Autonomie beraubt werden. Hier zeigt sich die herrschaftliche Arroganz derjenigen, die es nicht akzeptieren können oder wollen, wenn jemand nicht mehr "mitspielen" möchte und sich vom Acker macht.

Es gibt mit großer Wahrscheinlichkeit viele affektive Kurzschlusshandlungen bei den meisten Selbsttötungen, aber zahlreiche Menschen haben sich entsprechend ihrer emotionalen und mentalen Kapazitäten schon lange im Vorfeld ganz bewusst mit ihrem vorzeitigen Ableben auseinandergesetzt. Nur weil jemand seelisch leidet, ist er nicht automatisch psychisch krank! Wenn es überhaupt eine "Krankheit" gibt, die ein selbstverletzendes oder suizidales Verhalten begünstigt, handelt es sich fast immer um eine Beziehungsstörung.

Zweitens gibt es ausreichend Gründe für einen Freitod, die auch aus einer pragmatischen oder philosophischen Haltung gegenüber dem Leben und dem Tod abgeleitet werden können: Man hat alles erreicht und erlebt, was es zu erleben gibt und alles ausgereizt, was einmal reizvoll erschien...warum sich jetzt beim eigenen Verfall beobachten und sich in Abhängigkeit begeben? Also einfach dem berühmten Partymotto folgend: Immer dann aufhören, wenn es am schönsten ist/war.

Foto: © Tom Bayer - Fotolia.com

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